Saint Blues Guitar Workshop

Wo aus Zigarrenkisten Gitarren werden

Eine kleine Manufaktur in Memphis baut E-Gitarren – und auch ganz besondere Musikinstrumente: Bluesklampfen mit gebrauchten Zigarrenkisten als Klangkörper. Die Gitarrenbauer des Saint Blues Guitar Workshop lassen sich auch bei Führungen über die Schulter schauen.

Die Millionenmetropole Memphis am Mississippi River hat mehr Musikstars als jede andere amerikanische Stadt hervorgebracht und groß gemacht. Ob nun Elvis Presley oder Johnny Cash, Ike und Tina Turner, Otis Redding oder die Staples Singers: Sie alle zogen ihre Inspiration aus dem ehemaligen Schwemmland des großen Flusses rund um Memphis: aus dem „Mississippi Delta“, das gar keine Flussmündung ist, sondern flaches Baumwollland, aus dem der Blues kommt, wo auch Gospel und Country bis heute blühen.

Das Firmengebäude von St. Blues Guitars, Memphis, Tennessee. Foto: Tennessee Tourism
Das Firmengebäude von St. Blues Guitars in Memphis, Tennessee. Foto: Tennessee Tourism

Als vor 80 Jahren die Große Depression das Delta ins Elend stürzte, wollten die Menschen auf Musik nicht verzichten. Sie nahmen einfach Zigarrenkisten und bauten daraus Gitarren. Eine Manufaktur in Memphis hat diese Tradition aufgegriffen und fertigt „Cigar Box Guitars“ nebst E-Gitarren und -Bässen für Blues und Rock.

Die Ursprünge der Manufaktur gehen bis 1984 zurück, die Vorläufer noch weiter. Eric Clapton und Bono haben E-Gitarren „Bluesmaster“ von St. Blues gespielt. 1989 kam die Produktion zu einen vorläufigen Ende. Der Neustart kam dann 2005: zunächst als Werkstatt, die japanische Importgitarren veredelte. Seit 2011 aber fertigen die Mitarbeiter unter der Leitung des Hauptanteilseigners und Geschäftsführers Bryan Eagle III sowie des Gitarrenbauers Tom Keckler nur noch Instrumente „Made in Memphis“. Die E-Gitarren der „Workshop Series“, sind hochwertig ausgestattet – mit handgewickelten Tonabnehmern und Stimmwirbeln aus Nickel; sie tragen den Traditionsnamen „Bluesmaster“ oder denjenigen des berühmten Blues Highway von Memphis nach New Orleans, der Route „61 South“.

Diese Gitarren spielen in derselben Liga wie die besten Modelle der großen Hersteller und haben dafür auch ihren entsprechenden Preis. Das können durchaus 3000 Dollar sein, für vollständige Maßanfertigungen auch mehr. Bei St. Blues Guitars entstanden zuerst nur rund zwölf bis 15 E-Gitarren und Bässe im Monat. Mit der zweiten Linie wachsen die Zahlen: Die Modelle „Juke Joint“ sind schlichter gebaut; unter anderem fehlt die Kunststoff-Kante in Elfenbein-Optik. Dafür kosten sie aber auch nur die Hälfte.

Zigarrenkisten für den Bau der Cigar Box Guitars, St. Blues Guitars, Memphis, Tennessee. Foto: Tennessee Tourism
Zigarrenkisten für den Bau der Cigar Box Guitars. Foto: Tennessee Tourism

Wirklich einzigartig aber sind die „Cigar Box Guitars“. Inhaber Eagle führt Touristen durch die Werkstatt und zeigt, wie Gitarrenbauer in Zigarrenkisten Verstärkungen einleimen, Bünde anschrauben und Tonabnehmer anlöten, während der Duft des einstigen Inhalts die Nase kitzelt. Das Rohmaterial stapelt sich in dem alten Ziegelbau der Werkstatt, aber der Eindruck von Überfluss täuscht; fordert doch die allgemeine Verteufelung des Rauchens in den USA ihren Tribut: „Es wird immer schwieriger, gute Zigarrenkisten zu bekommen“, sagt Eagle. Noch aber gibt es sie und St. Blues findet sie auch: nicht etwa in China, sondern handgemachte aus der Dominikanischen Republik. „Wir hatten daran gedacht, die Kisten selbst zu bauen, aber das lassen wir schön bleiben.“ Warum? „Weil nur echte Zigarrenkisten so schön duften“.

Ausstellungs- und Verkaufsraum bei St. Blues Guitars, Memphis, Tennessee. Foto: Tennessee Tourism
Ausstellungs- und Verkaufsraum bei St. Blues Guitars. Foto: Tennessee Tourism

Greg Mitchell baut schon seit seinem 15. Lebensjahr Gitarren – und er spielt sie auch, zum Beispiel in Gottesdiensten seiner Kirche. In der Manufaktur nimmt er sich gerne die Zeit, Besuchern ein paar Takte auf der Zigarrenkistengitarre vorzuspielen und die Herkunft zu erklären. „Genau so waren die Instrumente in den Juke Joints“ – in jenen Musikschuppen im Delta, in denen am Wochenende getanzt wurde und wo aus den Liedern der Feldarbeiter und Kirchenmusik der Blues erwuchs.

Um die zehn Zigarrenkistengitarren baut St. Blues jeden Monat. Viele davon gehen nach Europa. Die Instrumente sind einfach und kosten deshalb auch nicht besonders viel: rund 300 Dollar für Handarbeit von Anfang bis Ende. Und warum das Interesse aus Europa? Greg Mitchells Antwort kommt prompt: „Weil es so echt ist, absolut echtes Amerika!“

Greg Mitchell von St. Blues Guitars in Memphis mit einer seiner Cigar Box Guitars. Foto: Tennessee Tourism
Greg Mitchell von St. Blues Guitars in Memphis mit einer seiner Cigar Box Guitars. Foto: Tennessee Tourism

In der Manufaktur in der 645 Marshall Avenue gibt es auch einen kleinen Laden, in denen man die St.-Blues-Gitarren und Souvenirs kaufen kann. Und es werden auch Führungen angeboten. Man kommt einfach vorbei. „Wir mögen‘s am liebsten unkompliziert“, sagt Inhaber Bryans. „Wenn wir Zeit haben, und meistens haben wir die, machen wie die Tour“. Nur Gruppen sollten sich anmelden.

Das Firmengebäude von St. Blues Guitars, Memphis, Tennessee. Foto: Tennessee Tourism
Das Firmengebäude von St. Blues Guitars in Memphis, Tennessee. Foto: Tennessee Tourism

Das legendäre Sun Studio, in dem Elvis, Cash, Jerry Lee Lewis und viele andere Musikidole ihren Start hatten, liegt im selben Straßenblock; man kann von Tür zu Tür blicken. Führungen durchs Sun Studio gehören in Memphis für Musikfans ebenso zum Standardprogramm wie Elvis Presley’s Graceland, das Rock ‘n‘ Soul Museum, das Stax Museum of American Soul Music, die Bluesmeile der USA Beale Street oder auch die große Gitarrenmanufaktur Gibson. Obwohl es vom Sun Studio zum Gitarrenwinzling St. Blues ein Katzensprung ist, weiß kaum einer der vielen Sun-Besucher von der Manufaktur. „Wir sollten mehr Werbung für unsere Touren machen“, gibt Eagle zu. Aber er erklärt auch, warum das zu kurz kommt. „Im Herzen sind wir doch einfach nur Gitarrenbauer.“

Weitere Informationen

Quelle: Tennessee Tourism

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